Was und wie nachgestellt wird ist sehr unterschiedlich. Die Zeit kann von der Antike bis in die 50er reichen. Obwohl.. Die 80erJahre kann man sicher auch gut nachspielen.
In den USA fällt unter Reenactment am meisten das Nachspielen von Schlachten des Bürgerkriegs. Diverse Statisten melden sich und bekommen eine Rolle. Nach festem Drehbuch, dass auch sagt wann wer z.B. vom Pferd zu fallen hat, wird dann eine historische Schlacht und deren Ausgang nachgespielt. Teilweise mit Zuschauern, teilweise aber auch einfach nur, um es eben nachzuspielen. Wichtig ist dabei, wie eigentlich immer beim Reenactment, dass man versucht so authentisch wie möglich zu sein.
In Deutschland gibt es sowas wenig, Österreich und die Schweiz hat ein paar solcher Schlachten. Da ist es meistens der 30jährige Krieg.
Reenactment ist aber nicht nur Kriegsspielerei. Jedes Nachstellen einer früheren Epoche fällt darunter. Das Lager auf dem Mittelaltermarkt, die Alt-Handwerker im Freilichtmuseum, die Promoter des Stadtjubiläums... es braucht auch keine Gruppe dazu.
Gerne machen Freilichtmuseen sowas, "beleben" ihre ausgestellten Häuser mit Leuten, die in Kostümen das Leben zu einer passenden Zeit zeigen. Zuschauer lernen so viel mehr als beim Anschauen von Vitrinen.
Eigentlich ist der Begriff "Reenactment" als "Nachstellen" darauf angewiesen, dass man etwas genau festmachen kann, was man dann nachspielt. Nicht unbedingt ein stricktes Drehbuch wie bei den Schlachten, aber auf historische Quellen und Handlungen basierend. Das Spielen von den Gründungsvätern mit Verlesung der ersten Urkunde beim Stadtjubiläum, die nachgestellte Hochzeit des Fürstenpaares... nachprüfbare und recherchierbare Sachen. Aber in der Wirklichkeit ist es heute meist eine Darstellung, wie etwas zu einer Zeit gewesen sein könnte.
Wie sahen die Leute aus, was trugen sie? Wie war es hergestellt, was arbeiten sie den ganzen Tag und wie sah der Hausstand aus?
Einige Reenacter reagieren ziemlich allergisch, wenn jemand eben nicht 100% authentisch ist. Obwohl - geht das überhaupt? Ist das Mittelalterkleid nach einem authentischen Schnitt und handgenäht? Wie ist das Garn dabei verarbeitet? Doch ja kein Poly im Stoff, der handgewebt und organisch gefärbt sein muss. Vielleicht die Fasern dafür auch mittelalterlich hergestellt?
Solche Leute werden die "A"-Fraktion genannt.
Vor 15 Jahren war es noch nicht so schlimm, jeder hat halt von sich aus darauf geachtet, dass er so genau nachstellt, wie es ihm möglich ist. Da mittlerweile aber viele Leute Pannesamt-Gothic-Kleider als Reenactment-Kostüm verkaufen war das die Wahl, wie man sich von den "neuen Leuten" abgrenzte.
Vieles, was man z.B. auf kommerziellen Mittelaltermärkten sieht ist heute oft eher "historisch angehaucht". Aber solange die nicht von sich sagen, das so, wie sie sind, es überall und 100% zur Zeit xy gewesen ist, sollte es für alle in Ordnung sein.
Selber ein Handwerk oder ähnliches auszutesten, dass ist eigentlich kein Reenactment. Weil man mit den eigenen minderen Fähigkeiten zuerst nie das machen kann, wie die geübten Leute früher. Aber man "belebt Geschichte", also passt das schon.
Genau wie "Experimentelle Archäologie". Das sind wissenschaftliche Experimente, Nachbau von Öfen und dem Test, ob die so wirklich funktioniert habe etc. Aber zum wirklichen Nachstellen fehlen auch wieder die Quellen zum Nachprüfen und eindeutig auch die Fähigkeiten. Es ist eher ein Rumprobieren.Wird aber heute viel unter Living History verkauft und zusammengefasst.
Kann aber sein, dass hier demnächst ein Bisschen was zusammenwächst...